Ensemble TAM OST in Zusammenarbeit mit dem Theater „Das Narrenschiff“, Wasserburg
Gegensätze ziehen sich an, sagt der Volksmund. Ganz gegensätzlich scheinen auch die Verkäuferin Rose und der Lastwagenfahrer Cliff. Bei ihrer Arbeit in einem Billigladen lernt sie den Trucker kennen, der wegen einer Autopanne in der Stadt festsitzt.
Die Arbeit hat ihn einsam gemacht – immer unterwegs, nirgendwo zu Hause und nur an einem Abenteuer interessiert. Sie hingegen will sich mit nichts weniger zufrieden geben, als der großen Liebe. Darum geht Rose in Abwehr, doch darin zeigt sie ihm immer mehr von ihrer Person. Die beiden verbringen zwar den Abend zusammen, aber als Cliff merkt, dass er nicht landen kann, geht er. Doch etwas an der Begegnung mit Rose hat ihn so berührt, dass er seinen Truck auf dem Highway wendet.
In diesem turbulenten Stück über Leidenschaft, Träume und Albträume zeichnet William Mastrosimone Figuren der industrialisierten Vorstädte, deren Zeit nur durch Schlafen und Arbeiten ausgefüllt ist. Dennoch erlauben diese „Tagträumer“ einen liebevollen Blick auf zwei eigenwillige Charaktere und ihre Geschichte von der ewig gleichen Sehnsucht. 1982 erhielt der Dramatiker für das Stück den Los Angeles Drama Award.
Sie könnten nicht gegensätzlicher sein, die hypersensible, ja neurotische Verkäuferin Rose und der raubeinige Trucker Cliff. Doch einsam sind sie beide und daher nimmt Rose den fremden Typen, der in ihren Laden kam, mit zu sich. William Mastrosimone, einer der meist gespielten amerikanischen Autoren, erzählt in seinem Stück „Tagträumer“ einfühlsam die langsame Annäherung zweier grundverschiedener Menschen. Claudia Loy, die auch Rose verkörpert, brachte jetzt das Schauspiel in einer dichten und sensiblen Inszenierung im TAM OST in Rosenheim zur Aufführung.
In Jörg Herwegh in der Rolle des Truckers Cliff hatte sie sich einen hoch professionellen Partner erwählt. Als Zuhause kann man Roses Bleibe nicht bezeichnen. Zwar sind die Wände in Grün, der Farbe der Hoffnung, gestrichen, doch das karge Mobiliar und das mit Brettern vernagelte Fenster ähneln eher einem Gefängnis.
Hier, ohne Licht und Luft, gedeiht nicht einmal ein Kaktus. Rose hat sich vor der Welt draußen eingeschlossen und flüchtet sich in ihre Träume. Cliff dagegen, ein „Asphalt-Cowboy“ in Ledermontur, ist totaler Realist.
In der Absicht auf ein schnelles Abenteuer ist er hier gelandet. Bis sein Lastwagen wieder flott gemacht wird, will er die Nacht so angenehm wie möglich verbringen.
Doch Rose erzählt vom Selbstmord der Vormieterin, von der verrückten, lauschenden Nachbarin, von Kranichen, die grausam zu Tode kamen. Alles sind für sie schreckliche Wahrheiten. „Viele Dinge sind wahr, aber man muss nicht darüber reden“, kontert der mehr und mehr genervte Trucker. Seine flapsigen Witze, mit denen er die Stimmung aufhellen will, entsetzen, sein Fluchen verletzt die dünnhäutige Rose. Jeder seiner Annäherungen weicht sie aus.
Mehr und mehr aber gibt sie in ihren Erzählungen die Verwundungen ihrer Seele preis. Claudia Loy verleiht dieser Rose mit all ihren Ängsten, ihrer Empfindsamkeit, ihren Träumen berührende Gestaltung. Ihr waches Träumen von Zärtlichkeit und Wärme, ihr immerwährendes Erinnern an getötete Vögel, enttäuschte Liebe und die erlittenen Seelenqualen, bringt sie mit großer Empathie zum Tragen.
Jörg Herwegh verkörpert den Trucker in bestechender Bühnenpräsenz, er ist Cliff mit Leib und Seele, ist zynisch und komisch, ist heftig und sanft. Wenn Rose in seinem Fernfahrerleben die völlige Freiheit vermutet, deckt ihr Cliff die Härten seines Berufes und die Verletzungen, die auch er erfahren musste, auf. Er will jetzt und nicht in Träumen leben. Wenn er im Zorn wütet, fliegen die Fetzen, wenn er vom Meer erzählt, sieht man das Licht auf den tanzenden Wellen.
Zwar verlässt er Rose, wie viele andere vor ihm, doch er kehrt zurück. Rose hat ihn berührt und gemeinsam brechen sie auf, den weiten Horizont und das Meer zu sehen.
Der Dramatiker Mastrosimone schenkt uns so ein Happyend à la Hollywood und lässt mit diesem tröstlichen Schluss aus Träumen Wahrheit werden. Claudia Loy setzte die Geschichte in ihrer Regiearbeit mit wunderbarer Feinfühligkeit um. Ihr gelang eine beeindruckende Inszenierung, die in Erinnerung bleiben wird.
echo 09.2010, Margrit Jacobi
„Tagträumer“ im TAM OST in Rosenheim
„What a day for a daydream“, dieser Song, den „Lovin‘spoonful“ vor vielen Jahren populär machten, ertönt, wenn sich der Vorhang auf der Bühne im TAM OST zur Première des Stückes „Tagträumer“ öffnet. Claudia Loy inszenierte das Schauspiel des erfolgreichen amerikanischen Autors William Matrosimone über die langsame Annäherung zweier völlig konträrer Charaktere mit großem Einfühlungsvermögen, mit Gespür für den Rhythmus im Geschehen. Sie selbst spielt berührend die Figur der Rose, einer neurotischen jungen Frau mit zwanghaften Ängsten, mit großer Verletzbarkeit, mit Sehnsucht nach Liebe, nach einer heilen Welt.
Mit Jörg Herwegh als raubeinigem Trucker Cliff stand ihr ein absolut professionell agierender Partner zur Seite, der in beeindruckender Darstellung die Wandlung des Cowboys der Landstraße zu einem berührbaren Mann aufzeigt. Wenn die Verkäuferin Rose diesen Kerl, der in ihrem Laden vorbeischaute, mit zu sich nimmt, denkt sie an Zuneigung, er an ein schnelles Abenteuer. Hier prallen zwei Welten ziemlich krass aufeinander. Roses Bleibe, ein spärlich möbliertes Zimmer mit einem brettervernagelten Fenster, lässt weder Licht noch Luft herein. Rose hat das Leben draußen ausgesperrt, sich aber damit eingekerkert. In Tagträumen flüchtet sie sich weg von Grausamkeit, von Verletzung und Lieblosigkeiten. Cliffs flapsiger Humor, sein derber Realismus, all das stößt sie nur ab.
In hysterischen Ausbrüchen erzählt sie von ihren traumatischen Erlebnissen. Cliff findet erst keinen Zugang zu diesem zerbrechlichen Wesen. Doch wenn er ihr die Härten seines Truckerlebens aufdeckt, erkennt sie auch die Verwundbarkeit dieses scheinbar abgebrühten Burschen. Wie ein Lichtstrahl kann er ein kleines kurzes Lächeln in ihre ernste Mimik zaubern, wenn er ihr vom unendlichen Meer erzählt. Doch bis beide am Ende zusammen aufbrechen, um aus ihren Träumen Wirklichkeit werden zu lassen, müssen sie ihre Verschiedenheit akzeptieren, um so Gemeinsamkeit entwickeln zu können.
Tragik und Komik liegen in dieser Geschichte ganz nah beieinander. Die Balance zwischen beidem gelang Claudia Loy in ihrer Inszenierung ausgezeichnet. Eindrucksvoll in Regie und Darstellung, ist diese Aufführung eine Bereicherung im Theatergeschehen der Stadt.
Donnerstags von 16 – 19 Uhr ist Frau Gabi Tachakor für Sie da
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