Wehe, ein Mensch, dem alles misslingt, möchte sich erhängen. Dabei trifft er auf Wohl. Dem gelingt zwar alles sofort, doch auch er ist des Lebens überdrüssig, gerade weil es ihm nichts Neues mehr bieten kann.
Die Selbstmordabsichten der beiden finden ein jähes Ende, als eine Dame ihren Weg kreuzt. Wehe ist sofort verliebt und hofft, dass sich nun sein Leben ändern könnte. Gemeinsam folgen die beiden der Dame, und ein Zweikampf um ihre Gunst beginnt. Aber kann der siegesgewohnte Wohl es ertragen, wenn sich die Dame für den ewigen Verlierer entscheidet? Wird aus dem Verlierer vielleicht ein Gewinner und umgekehrt? Und welche Rolle spielt die Dame überhaupt?
Diese tragische Komödie des polnischen Autors Sławomir Mrożek wurde 1984 in Stockholm zunächst in schwedischer Sprache uraufgeführt, die deutsche Erstaufführung war 1986. Anfangs arbeitete Mrożek als Karikaturist, aber auch seine Bühnenstücke, durch die er Weltruhm erlangte, stehen in ihrer satirischen Schärfe und mit griffigen Pointen seinen Cartoons in nichts nach.
„EIN SOMMERTAG“ VON SLAWOMIR MROZEK IM ROSENHEIMER TAM OST
Groteskes Spiel mit Wohl und Wehe
Er ist erfolgreicher Autor absurder Geschichten und so eine erzählt Slawomir Mrozek, polnischer Schriftsteller von Bühnenstücken, in seiner Komödie „Ein Sommertag“. Für einen Regisseur wie Stefan Vincent Schmidt ist diese Groteske höchst reizvoller Stoff für eine spannende Inszenierung, mit der nun die Theatersaison dieses Herbstes im TAM OST in Rosenheim eröffnet wurde.
Wohl und Wehe heißen die beiden Protagonisten und jeder gibt ein wahrhaftes Beispiel seines Namens. Zu Beginn steht Wehe auf einer weißen Bank in schwarzer Kulisse. Ein Strick baumelt von oben und Klaus Schöberl als Wehe demonstriert köstliche Pantomime bei dem Versuch, sich aufzuhängen. Seine Mimik, seine Körpersprache sind ein einziges Trauerspiel. Alsbald stört ihn Wohl mit seinem Erscheinen. Er ignoriert den versuchten Suizid und reizt so Wehe bis zum Wutanfall. Gehen lassen aber will er Wohl auch nicht, er braucht ihn, um über ein missglücktes Leben zu klagen, und Schöberl ist vortrefflich in seiner Suada.
Seinem Pendant, dem übersättigten Wohl, verleiht Alexander Schoenhoff kongenial die Entsprechung dieser Figur. Erfolgsverwöhnt, elegant, selbstbewusst, bis arrogant ist er der Bonvivant schlechthin. Vereint aber sind beide in ihrem Vorhaben, ihrem Leben ein Ende zu setzen. Wehe gelingt nichts, Wohl alles. Der eine verzagt am Leben, der andere ist des Lebens überdrüssig. Doch Wehe hat immerhin die Hoffnung. Herrlich makaber, wenn sich beide jeweils den Vorzug beim Selbstmord geben wollen: „Bitte nach ihnen“.
Auch diese Absicht wird unterbrochen, diesmal von einer vorübergehenden Dame, die mit dem zarten Grau ihres Ensembles bildhaft die feinen Zwischentöne zum gedanklichen Schwarzweiß der Herren setzt. Wehe verliebt sich augenblicklich, braucht aber Wohls Beistand, um sie anzusprechen. Es wird keine Menage à trois, aber ein Kampf um die Gunst der Schönen. Wehe zögert und stottert, Wohl setzt seine Züge überdacht wie beim Schach und gibt sich desinteressiert. Die Dame aber genießt die Situation zwischen zwei Männern und Sabine Herrberg verkörpert hinreißend das raffinierte Weibchen, das kokettiert und provoziert.
Die drei Schauspieler kosten das Vergnügen an ihren Rollen weidlich aus. Wunderbar reduziert, klar und präzise wie diese Inszenierung, ist das Bühnenbild. Gekonnt werden am jeweiligen Szenenende die Requisiten an der Rückwand der Kulisse aufgehängt, wo sie das Vorhergegangene verbildlichen. Das hohe Bild im Hintergrund zeigt Wald, Gemäuer oder Strand im schmalen Ausschnitt als jeweiligen Ort des Geschehens an.
Nicht nur die Dame ist berührt, wenn Wehe als selbstlos Liebender ihr seine Empfindungen offenbart. Das Theater, das sie erwägen zu besuchen, weist in seiner Handlung die Gleichheit zu dem Spiel, das eben auf der Bühne stattfindet, auf. Das Ende, noch ist es offen. Die Liebe macht Wehe stark und mutig, ohne Angst vor Konsequenzen. Der ewige Nichtschwimmer wagt sich ins Meer. Wohl hat ihn dazu ermuntert und dann doch wieder den alten Zweifler in Wehe geweckt. In dieser letzten Szene pokert Wohl auf seine Weise. Kann ein Sieger verlieren, ein Pechvogel gewinnen? Ist es möglich, den ewig gleichen Part im Leben abzugeben, die Rollen zu tauschen, ein neues Spiel zu spielen?
Man muss sich diesen „Sommertag“ ansehen, um es zu erfahren und um einen außergewöhnlichen Theaterabend zu erleben. Der Regisseur Stefan Vincent Schmidt schuf zusammen mit seinen exzellenten Schauspielern ein Theatererlebnis voll Komik und Tragik, das beeindruckend nachwirkt.
Donnerstags von 16 – 19 Uhr ist Frau Gabi Tachakor für Sie da
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