© OVB 24.02.2016, Margrit Jacobi
Beim „Hexer“ zucken die Glühlampen
„Es ist unmöglich, von Edgar Wallace nicht gefesselt zu sein“. Im stets unveränderten Bühnenbild eines großzügigen Raumes mit Couch und Sessel in leuchtendem Rot und kleiner Bar an der linken Seite, agieren die Schauspieler rasant im wechselvollen Geschehen.
Mit diesem Spruch bewarb der Goldmann-Verlag seine Serie von Edgar Wallace-Krimis, die über vier Jahrzehnte höchst erfolgreich verkauft wurden. Edgar Wallace Ruhm begründete sein Theaterstück „Der Hexer“, das 1926 in England uraufgeführt und später auch viele Male verfilmt wurde. Das Ensemble des Rosenheimer TAM-Ost inszenierte und spielte jetzt die Kriminalkomödie zu Beginn seiner Theatersaison.
Inspektor Wembury (Daniela Mayer) befragt den Anwalt Maurice Masters (Klaus Einsele) hier in seinem Zuhause, um den Mord an Masters Sekretärin Gwenda Milton aufzuklären. Diese war tot in der Themse aufgefunden worden. Masters ist bekannt als Anwalt der Unterwelt und alles andere als seriös. Er hatte eine florierende Praxis in London, kündigte Gwenda Milton und zog sich plötzlich in dieses Dorf zurück. Da aber Arthur Milton, der sogenannte Hexer, Gwendas Bruder ist, kann man davon ausgehen, dass er aus Australien zurück nach London kommen wird, um den Tod seiner Schwester zu rächen. Chefinspektor Bliss (Martin Thaller) von Scotland Yard ermittelt ebenfalls und bedeutet Masters, in welcher Gefahr er sich befindet.
Hinreißend agieren Klaus Schöberl und Thomas Terpetschnig als die Butler Hackitt und Kackitt im Hause Masters. Sie servieren nicht nur Kaffee, sondern pures Vergnügen im Doppelpack, glänzen mit beredter Mimik und herrlichem Slapstick. Jedes Mal wenn es bei Masters läutet, schnurrt wechselweise einer der beiden im Hintergrund quer über die Bühne zur Türe, als wäre er elektrisch angetrieben. Dr. Lemond (Hermann Kunz), ein Inspektor aus Paris, kommt um seine Kollegen aus London zu unterstützen und schließlich taucht auch noch Cora Ann Milton (Jutta Schmidt), die Frau des berüchtigten Hexers, bei dem Anwalt auf. Mit ihrer attraktiven Erscheinung, sexy und anfänglich sehr selbstbewusst, beeindruckt sie Dr. Lemond zwar, doch traut er auch ihr nicht.
Jedes mal, wenn der Name „der Hexer“ fällt, zucken die beiden Glühlampen, die von der Decke hängen, heftig, verunsichern die Figuren im Spiel und heizen die Spannung weiter an.
Als dann auch noch Jonny Lenley (Helmut Huber) erscheint, ein Ganove in abgerissener Lederkluft, der mit Masters eine Rechnung offen hat, wird die Situation für den Anwalt immer brenzliger und der Kreis der Verdächtigen immer größer. Nach Jonnys theatralischem Abgang hört Masters Geräusche hinter einer verschiebbaren Wand. Kam Jonny zurück, um Masters zu erwürgen? Befreites Lachen entspannt die Zuschauer kurz, als der Anwalt eine Ratte als Störenfried erkundet.
Wer aber nun ist der Hexer, fragt sich das Publikum in der Pause. Schön gruselig eröffnet die Melodie „Spiel mir das Lied vom Tod“ den zweiten Teil der Handlung, der die Turbulenzen auf der Bühne noch anheizt. Hier geht man sämtlichen Spuren eindrucksvoll auf den Leim!
Exzellent ausgewählte Schauspieler, die ihre Rollen alle hervorragend in flüssigem und pointiertem Spiel umsetzen und eine undurchsichtige, hoch spannend inszenierte Handlung, lassen den Theaterabend zum wunderbar schaurigen Vergnügen werden. Und natürlich kann man die Bitte des Ensembles im Programmheft sehr gut verstehen, als Besucher den Ausgang des Stückes nicht zu verraten. Die Spannung muss für spätere Zuschauer unbedingt erhalten werden, Ehrensache!