Nichts geht über wahre Freundschaft
Komödie „Das Abschiedsdinner“ feiert Premiere im TAM-OST Rosenheim
von Georg Füchtner
Wie kann man erkennen, ob eine Freundschaft noch etwas wert ist, ob ein persönlicher Kontakt überhaupt noch lohnt? Um sich hinterher nicht mehr bei ihnen melden zu müssen, laden Pierre und Clothilde Bea und Antoine, mit denen das Paar schon lange befreundet ist, zu einem perfekten Abendessen ein. Unter der Regie von Martin Schönacher feierte die französische Erfolgskomödie von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière im Theater am Markt Ost Premiere.
Die perfekte Essenseinladung
Pierre und Clothilde wollen ein Abschiedsdinner für Bea und Antoine geben, die natürlich nicht wissen, dass es ein Abschiedsdinner ist. Pierre hält das Dinner für unumgänglich, denn er hat statistisch errechnet, wie viel Freizeit vermeintliche Freunde in Anspruch nehmen. Akribisch bereiten Pierre und Clothilde in ihrer eleganten Mittelschichtwohnung das Abschiedsdinner vor. Das Paar präsentiert die Geschenke, mit denen es von Bea und Antoine einst selbst beschenkt wurde. Gekauft wird Wein aus Antoines Geburtsjahr. Auch dessen indische Lieblingsmusik wird aufgelegt. Das Essen muss ein Höhepunkt in der Geschichte der Freundschaft werden, die dann allerdings für immer enden soll.
Regina Kröll als Clothilde spielte überzeugend die resolute, schlagfertige Gastgeberin, die ihren entscheidungsschwachen, aber gutmütigen Pierre (Oliver Männer) fest im Griff hat. Ohne ihr energisches Temperament wäre Pierre hilflos. Antoine (Hermann Neuner), der die Wohnung überraschend ohne seine Frau Bea erkältet und im müffelnden Mantel eines Obdachlosen betritt, bestach durch gekonnt peinliche Selbstbespiegelung. Antoine, für den Pierre, der selbst Vater ist, ein Empfehlungsschreiben verfasst, möchte mit Bea ein farbiges Kind adoptieren. Dass der Vegetarier Antoine ständig in therapeutischer Behandlung war, Vaterschaft und Sexualität trennt und nach zehn Jahren mit seiner Doktorarbeit wieder von vorne beginnt, rief bei den Zuhörern Belustigung hervor.
Witzig war, als Pierre und Antoine in einer Art Selbsttherapie in die Rolle und die Kleider des jeweils anderen schlüpften und Pierre dazu den Mantel des Obdachlosen anziehen musste, was ihn sichtlich Überwindung kostete. Es folgte ein Schlagabtausch der beiden Freunde, die sich im Verlauf des Abends alles an den Kopf warfen, was sie sich in den langen Jahren ihrer Freundschaft nie zu sagen gewagt hatten. Rasant und gnadenlos schaukelten sie sich unter Beobachtung von Clothilde gegenseitig hoch, bis eine Handvoll Erdnüsse die Läuterung vollbrachte. Antoines permanentes dümmliches Lachen, das Clothilde auf die Nerven ging, sorgte oft für Heiterkeit.
Eine zeitlose Frage
Die Dialoge waren meist witzig, wirkten aber gelegentlich ein wenig einstudiert. Das Bühnenbild mit dem gelben Sofa und den Bücherschränken präsentierte angemessen die Wohnung von Intellektuellen. Die Frage, was Freundschaft eigentlich ausmacht, stellt sich im Grunde immer wieder auf’s Neue. Lohnt es sich, seine Komfortzone zu verlassen und erneut auf Menschen einzugehen, die man kennt, oder rechtfertigt sich der Rückzug in einen feigen, aber bequemen Egoismus?
Für die Premiere des Komödienklassikers erhielt das Ensemble vom Publikum anhaltenden Applaus.